Zwei Konsequenzen - mit praktischen Beispielen.

Aus dieser Erkenntnis müssen folgende Konsequenzen für die Schlüssigkeit der Werbe-Gestaltung gezogen werden:

A. Bei Produkten, die vor allem wegen ihres faktischen Nutzens gekauft werden, sollte dieser faktische, reale Nutzen auch im Mittelpunkt stehen, während emotionale Motive möglichst realistisch auf diesen Nutzen abgestimmt sein sollten. In Bezug auf Convenience-Produkte (Wasch- und Putzmittel zur Erleichterung der Hausarbeit oder Fertigprodukte zur Erleichterung des Kochens) trifft diese Forderung besonders zu.

Eine große Stärke z. B. der Werbung für Procter & Gamble-Produkte liegt darin, dass psychologische Werbe-Versprechen äußerst konsequent und ganz realistisch von einem faktischen Produktnutzen abgeleitet werden (vgl. Demonstration einer konkreten und positiven Gebrauchserfahrung bei Lenor-Weichspülmittel, bei Meister-Proper-Haushaltsreiniger, bei Pampers-Windeln u. a.). Problemlösungs-Vergleiche wie z. B. vorher/nachher, side-by-side, alt/neu, mit/ohne usw. sind dabei die Grundlage für eine zwingend schlüssige Verknüpfung zwischen emotionaler und rationaler Motivation.

B. Bei Produkten, bei denen die emotionale Kaufmotivation eine überragende Rolle spielt (z. B. bei Spirituosen und Zigaretten), muss die Forderung nach schlüssiger Übereinstimmung von Produktnutzen und Kaufmotivation dadurch erfüllt werden, dass emotionale Versprechen immer auch doppelsinnig in Bezug auf den konkreten Produktnutzen interpretiert werden können.

Die Werbung für erfolgreiche Zigarettenmarken liefert anschauliche Beispiele für diesen doppelten Sinn des Werbe-Versprechens. Ernte 23, „von höchster Reinheit“,

war die erste naturreine Filterzigarette, Lord Extra, „Geschmack im Stil der neuen Zeit“, leitete die Ära der nikotinarmen Zigaretten ein. Peter Stuyvesant, „Der Duft der großen, weiten Welt“, hat das international übliche Kingsize-Format in Deutschland eingeführt.

Die Produkt-Idee, nicht die Brillanz einer Werbe-Idee soll überzeugen!

Wie an diesen Beispielen zu erkennen ist, kann am Slogan einer Werbekonzeption bereits überprüft werden, ob das jeweilige Güterangebot ein Vehikel für gleichzeitig aufgebaute Erwartungen sein kann. Der Bundesbahn-Slogan ,,Alle reden vom Wetter, wir nicht” beinhaltete deshalb eine starke Motivation fürs Reisen mit der Bahn, weil er einen Nutzen herausstellt, der sich schlüssig und zwingend mit der Bahn verbindet: um angenehm und sicher auch bei schlechtem Wetter zu reisen, gibt es nur die Bahn. Ob dieser Vorteil aktuell wichtig ist, spielt hier keine Rolle. Ein so prägnanter Slogan wie ,,Hilft dem Opa auf das Fahrrad” hingegen hatte einen sehr hohen Eigenwert. Die Verknüpfung mit dem Nutzen einer bestimmten (Spirituosen-) Marke war dementsprechend schwach. Und deshalb konnte er auch nicht besonders motivationsstark sein.

Je schlüssiger der rational begreifbare Produktnutzen und die emotionalen, d. h. irrational wirkenden Kaufmotive aufeinander abgestimmt sind, um so eher kann eine Kaufbereitschaft ausgelöst werden. Umso härter wird aber auch die Arbeit der Texter und Grafiker sein, da gerade diese Vorgabe häufig dem Spaß am schöpferischen Spiel mit Ideen Grenzen setzt.

Die Umworbenen sollen von der Bedeutsamkeit einer Produkt-Idee, nicht von der Brillanz einer Werbe-Idee überzeugt werden.