Fehlende Produktinnovation
In den übersättigten und übersetzten Märkten der Massenkonsumgüter können trotz raffinierter Marketingstrategien kaum noch neue Marken durchgesetzt werden. Ein Hauptmangel: zu geringe technologische Nutzenalternativen. Die Flut der Me-too-Produkte zeigt, dass der vielzitierte Marketinggedanke offenbar nicht sehr geeignet ist, technologischen Fortschritt und Produktinnovation zu forcieren beziehungsweise zu erzwingen. Obendrein beweist eine Flop-Success-Rate von 10:1 im Food-Geschäft die Misere.


Fehlender Handlungsspielraum
In den Labyrinthen immer unübersichtlicher und bürokratischer organisierter Großunternehmen haben Intuition, Risikobereitschaft  und  Einfallsreichtum kaum noch eine Chance. Die Entscheidungskette  Junior-Productmanager, Productmanager, Group-Productmanager, Marketingleiter, Vorstand würgt jede unkonventionelle Produktidee auf dem Instanzenweg ab.
Tief gegliederte Rechtfertigungshierarchien sorgen dafür, dass „Richtig machen" oder noch besser „Nichts falsch machen" zur obersten Regel des Handelns geworden ist. Neue Ideen und Alternativen (mit dem Risiko des Fehlschlags) ersticken in den zu komplizierten Kontrollmechanismen einer zu komplizierten Organisation.


Fehlende Kreativität
In der Personalpolitik werden immer stärker Bewertungskriterien angewendet, die die Manager dazu verleiten, mit „Gürtel und Hosenträger" zugleich zu arbeiten. Analytische (beweisbare) Logik, Perfektion im Subsystem und der unmittelbare Erfolgsnachweis werden zu hoch eingeschätzt, laterales, intuitives, visionäres und originäres Denken zu gering.
Statt dem schon durch die Angst um den Arbeitsplatz geförderten Hang zur Sicherheit entgegenzuwirken, wird dieses Sicherheitsdenken noch unterstützt. Statt das kreative Potential der Mitarbeiter gezielt und systematisch zu nutzen, wird mit Hilfe eines „Betrieblichen Vorschlagwesens"  höchstens ein gewisser kreativer Überdruck abgefackelt.
Unternehmen, in denen kreativitätsfördernde Arbeitstechniken institutionalisiert worden sind, haben Seltenheitswert. Alle reden von Kreativtechniken wie Synectics oder Brainstorming - aber kaum jemand setzt sie systematisch ein. Trotz Bekenntnis zu Marketingarbeit favorisiert die Personalpolitik routinierte, fehlerfreie Administration stärker als konzeptionelles und innovatives Denken.


Fehlende Kommunikationstechnik
Werbe- und andere Kommunikationsprobleme haben zwar gerade durch den Marketinggedanken einen hohen Stellenwert in den Unternehmen erhalten. Dem gewachsenen Bewusstsein für die Chancen von Werbung und Kommunikation stehen allerdings wachsende Schwierigkeiten gegenüber, wie die Wirksamkeit konkreter Werbe- und Kommunikationsprogramme gemessen werden soll. Meist beurteilt das Management die Chancen einer Werbekampagne wie zu Vor-Marketing-Zeiten immer noch frei nach Gefühl oder Hausrezepten á la: „Mache keine Werbung, die nicht auch Deiner eigenen Frau gefallen würde!"

Nur wenige Großunternehmen haben damit begonnen, eindeutige und verbindliche Entscheidungskriterien zu entwickeln, nach denen die Gestaltung der Werbung zu beurteilen ist. Auf die Werbepraxis übertragene Erkenntnisse der Lerntheorie, der Wahrnehmungspsychologie, der Soziologie und der Sozialpsychologie werden nur zögernd angenommen.

Der Signalwert des Marketing reicht nicht mehr aus, um neuen Lösungen den Weg zu ebnen. Gefragt sind unternehmenspolitische Signale, die über den ausgereizten, inzwischen selbstverständlichen Grundgedanken der umfassenden Marktorientierung hinausgehen.

Statt den ausgehöhlten Marketingbegriff weiterhin als Allheilmittel zu strapazieren, sollte für die kommenden Jahre eine neue Handlungsmaxime definiert werden: Innovationsmanagement. Denn umfassendes Innovationsmanagement kann eher als Marketing die gegenwärtigen und künftigen Engpässe und Schwachstellen überwinden sowie spezifische Lösungsansätze signalhaft und programmatisch aufzeigen.

Wir brauchen ein Management, das jene fehlenden Rahmenbedingungen schafft, die das notwendige Gespür für Veränderungen und Entwicklungstendenzen schärfen. Andernfalls werden Unternehmen immer mehr zum Spielball von unwägbaren Umweltfaktoren wie staatlichen Eingriffen und Rohstoff-Ressourcen. Aber auch die kritischer gewordenen Verbraucher und ihre immer weniger vorhersehbaren Gewohnheiten in weitgehend gesättigten Konsumgütermärkten verlangen mehr als schematisches und steriles Marketing.

Pionierunternehmer werden in den 80er Jahren jene Unternehmer sein, die auf diesen gravierenden Wandel vorbereitet sind. Nicht die Unternehmer, die heute noch stolz auf ihr perfektes System-Marketing verweisen, sondern eine Elite von kleinen und mittleren Unternehmen wird dem Markt frische Impulse geben. Diese Gruppe hat im Know-how mit den Konzernen gleichgezogen und kann zudem wesentlich flexibler und kreativer operieren.



Fazit: Unternehmensführung muss künftig umfassendes Innovations-Management sein. Marketingroutine allein reicht nicht.